Kims Anweisungen lauteten: Unnötige und ablenkende Elemente entfernen, um das Wesentliche des Motivs herauszuarbeiten. Dazu könne man näher ans Motiv herangehen, eine Farbe betonen oder auf kontrastierende bzw. komplementäre Farben achten, das Motiv durch geringe Tiefenschärfe hervorheben, einen einfachen Hintergrund wählen.
Schon bald entstand in der Gruppe eine Diskussion über die genaue Bedeutung von "Simplicity". Den meisten ging es dabei um mehr als eine geringe Tiefenschärfe und einen ruhigen Hintergrund. Das tägliche Fotografieren löste einen Prozess aus, der über fototechnische und bildgestalterische Fragen hinausging. Wir merkten, wie wir im Alltag aufmerksamer wurden, gesammelter und wie wir vermehrt auf Details in unserer Umgebung achteten. Es bedeutete, sich jeden Tag Zeit für Momente der Stille zu nehmen und Achtsamkeit in unseren Alltag einzubauen. Gerade in diesem letzten Monat des Jahres, in dem es oft auch sehr hektisch und angespannt zu und her geht, da brachte uns das "Simplicity"-Projekt zurück zu Besinnlichkeit, Feierlichkeit und stiller Freude. Das sah und spürte man auch unseren Fotos an. Die Fotos, die aus dieser inneren Haltung heraus entstanden sind, transportieren das Gefühl auf den Betrachter weiter.
Leider konnte ich das Projekt nicht ganz durchhalten. Kurz vor Weihnachten hat die aufgeregte Vorfreude und die vorweihnächtliche Betriebsamkeit auch mich gepackt und mitgerissen: Weihnachtsschmuck, Guetzli backen, Einkäufe erledigen, Geschenke verpacken, Menüplanung, Besuche usw. Ich habe mich vom Strom mittragen lassen und es genossen. Dabei ist mir meine innere Ruhe abhanden gekommen und es war mir nicht mehr möglich, Simplicity-Fotos zu machen.
Doch kaum war Heiligabend vorbei, wurde es wieder ruhiger um mich herum und in mir drin. Zu der Zeit sind auch diese Fotos hier entstanden, bei einem Spaziergang mit dem Fotokünstler rund um den Pfäffikersee (mit der perfekten Simplicity-Kamera schlechthin, der Leica M Monochrom).