Dienstag, 28. Mai 2013

Kontemplative Fotografie in Zürich

Auch vor einem Monat schon regnete es, es war ungemütlich, unwirtlich, windig und winterlich kalt. Damals nahm ich an der Wiederholung des Fotografie-Workshops "Miksang 1" teil. Schlotternd habe ich im feuchten Grau Zürichs nach Farben Ausschau gehalten:




Am nächsten Tag hatte ich vor der Kälte kapituliert und wieder meine richtig warmen Winterkleider angezogen. Und suchte darin nach Mustern:









Am dritten Tag fand ich im nicht nur grauen und kalten, sondern nun auch sonntäglich verlassenen Zürich Textur und Beschaffenheit:




Was für eine phantastische "reiche" Stadt! Und wie wunderbar war es, sich drei Tage lang ausschliesslich der Seele widmen zu dürfen.

P.S.: Ich hatte diesen Workshop schon letztes Jahr in Köln besucht und ausführlich im Blog zum Kreativitätsurlaub beschrieben. In Miksang geht es nicht in erster Linie um Fotografie, sondern um Wahrnehmung. Und dann geht es auch nicht "nur" um Wahrnehmung. Miksang ist eine Haltung dem Leben gegenüber. "Meditation in Aktion" hat es die Kursleiterin genannt. Deshalb kann man diesen Kurs auch immer wieder besuchen. Es ist keine Technik, die man lernt und danach kann man sie, sondern eine immerwährende Übung - für mich eine Art Lebensziel. Wer immer Miksang macht, wer diese kontemplative Lebenseinstellung verinnerlicht, hat die Erleuchtung gefunden. So reime ich mir das zumindest zusammen.

Samstag, 25. Mai 2013

Mein Gravatar

Ein Gravatar ist eine Art persönliches Logo in Form eines kleinen Fotos für die sozialen Netzwerke im Internet. Man kann es offiziell registrieren und mit der eignen E-Mail-Adresse verknüpfen lassen. Mein kleines Stellvertreter-Bild erscheint dann jedes Mal automatisch, wenn ich mich bei einem sozialen Netzwerk einlogge und dort etwas publiziere. Wenn ich also z.B. einen Kommentar zu einem Blogeintrag schreibe, erscheint das Foto automatisch neben meinem Kommentar. Sinnvollerweise sollte ein Gravatar einfach und prägnant sein und zur klaren Identifikation meiner Person dienen. Und da beginnen schon die Schwierigkeiten. Lassen wir mal die psychologisch-philosophische Frage "Wer bin ich?" beiseite. Und gehen wir mal davon aus, dass ich ein richtiges Foto von mir dafür verwenden möchte und nicht ein grafisches Symbol, eine Comicfigur oder ähnliches. Trotzdem bleibt die Frage: Wie will ich mich darstellen? Wie sollen andere mich sehen? Welches Foto soll mich repräsentieren?



Klassisch, brav in die Kamera lächelnd, freundlich und nett? Sympathisch, eher konventionell, nicht besonders ausdrucksstark, sondern eher neutral, dafür allzeit einsetzbar, allzeit passend? Eine Person, mit der man an der Bushaltestelle oder beim Anstehen an der Kasse gerne ein paar Worte wechselt?



Oder soll es ein anderer Körperteil von mir sein? Das ist anonymer und gleichzeitig aussagekräftiger: Aha, jemand, der Tagebuch schreibt, mit Tinte! Das deutet auf eine reflektierende Person, vielleicht eine introvertierte, eher ruhige, intellektuelle, möglicherweise romantische oder gar altmodische Persönlichkeit hin...



Oder doch das Gesicht, damit sich die anderen die konkrete Person besser vorstellen können? Aber ein "ganz ehrliches", direktes Porträt, ungeschminkt nach einer schlaflosen Nacht. Ein Foto, das dem Betrachter mehr als die standardisierte Fassade zeigt, eines, das das Wesen dahinter erahnen lässt?



Oder soll es ein kunstvoll-symbolisches Porträt sein? Eines, das nur andeutet, ohne festzulegen? Das auf das Zarte, Durchscheinende, auf das Durchlässige, Offene, das Provisorische und Vergängliche, auf das Unfassbare meiner Person hinweist?

Ich bin noch unentschlossen. Vielleicht lasse ich es bleiben und verzichte auf einen Gravatar. Vielleicht ist mein idealer Gravatar noch nicht aufgenommen worden. Letztendlich stellt sich eben doch die Frage: Wer bin ich? Wer bin ich wirklich? 

Weitere Kandidaten in meinem Album  Now you - Selbstporträts auf meiner Flickr-Seite.

Samstag, 4. Mai 2013

Spaziergang im bayerischen Wald


Uns zieht es raus. Wir wollen an die frische Luft, uns bewegen, in die Natur. Doch es ist grau, kalt und ungemütlich windig. Immerhin regnet es nicht.

Wir überwinden uns und fahren in den Wald. In den bayrischen Wald. Nicht ins Gebiet, das sich offiziell so nennt, sondern einfach in einen Wald in Bayern. Der Wald hier ist eindrücklich, mächtig, mit alten, hohen Bäumen und einer vielfältigen Pflanzenwelt. Nicht wie bei mir in Weisslingen, wo die Biodiversität den (forst)wirtschaftlicheren Monokulturen weichen musste. Hier dürfen die Bäume noch hundertjährig werden und in den Himmel wachsen.


 Der Weg steigt langsam und stetig. Am Wegrand liegen noch Schneereste, die zusätzlich Kälte abstrahlen und den Spaziergang noch ungemütlicher machen. Das Schmelzwasser lässt den Bergbach zu einem reissenden Strom wachsen, dessen Rauschen alle anderen Geräusche übertönt. 





Einer der steilen Hänge ist ganz kahl, die Bäume entwurzelt und abgebrochen – eine Lawine, mutmassen wir. Wir sind völlig aus der Puste. Trotzdem schleppen wir uns weiter, schweigsam, jeder für sich, in seinem Tempo, hin und wieder anhaltend, um zu fotografieren. 





Als die Schneefelder so breit werden, dass sie den ganzen Weg bedecken, beschliessen wir umzukehren. Beide sind erleichtert. Wir steigen denselben langen, grauen Weg hinunter und fahren wieder nach Hause an die Wärme.

Mittwoch, 1. Mai 2013

Spaziergang auf Frauenchiemsee


Es ist ein diesiger Tag, als der Fotokünstler beschliesst, mir den Chiemsee zu zeigen.


Die Überfahrt mit dem Schiff hat etwas Nostalgisches und gleichzeitig auch sehr Erfrischendes. Mit dem Wind in den Haaren, dem leicht fischigen Geruch in der Luft und der frischen, feuchten Brise, die mir über die Haut streicht, wähne ich mich fast am Meer. Der Chiemsee wird auch "Bayrisches Meer" genannt - passt. Vor allem an einem dunstigen Tag wie diesem, an dem wir das Ufer nur andeutungsweise erkennen können. 
 


An einem klaren Sommertag muss das Panorama überwältigend sein: der See voller Segelboote, die kleineren Inseln mit ihrem uralten, bis zum Ufer reichenden Baumbestand und dahinter die mächtigen Berge. Oder im Herbst, wenn sich die Zugvögel hier versammeln und es vor Gänsen und anderen Wasservögeln nur so wimmelt.
 
Den Besuch der berühmteren Insel Herrenchiemsee verschieben wir auf ein andermal. Jetzt zieht es uns zur beschaulicheren Fraueninsel. Und dort zunächst ins Wirtshaus zu einem leckeren Mittagessen bayrisch-urchiger Art (Schweinshaxe) zum einen und lokal-fischiger Art (Saibling, Forelle und Zander) zum anderen.
 
Nach einem Espresso lassen wir uns gemütlich über die Insel treiben, bewundern die schmucken Häuschen, die wunderschön restaurierte Klosterkirche, die gepflegten Gärten und die kreativen Dekorationen. Wir stellen uns vor, wie es wäre, hier zu leben, in einem dieser Häuser, die nicht viel höher als der Wasserspiegel stehen, und wo Boote die wichtigsten Fortbewegungsmittel sind.




Wir kommen schnell darauf, dass es uns hier zu eng wäre und uns die Touristenströme nerven würden, die alle (wie wir) in die Gärten und Häuser hineinglotzen. In ein paar Tagen schon, wenn die Hauptsaison beginnt, ist es hier nämlich vorbei mit Ruhe und Beschaulichkeit. Ein bisschen spricht natürlich auch der Neid aus uns, weil uns ja ohnehin das nötige Kleingeld fehlt, um uns unter die "Nobel-Aussteiger" zu mischen. Umso mehr geniessen wir jetzt unseren Besuch.


Erfüllt von tiefer Ruhe fahren wir über Ludwigs Meer wieder zurück in unsere Berge.