Sonntag, 7. April 2019

Spaziergang in Weisslingen - Trauer spazierenführen


Plötzlich überkommt mich wieder diese Panik, das Gefühl zu ersticken, von der Stille und der Leere erdrückt zu werden. Und obwohl ich es nicht vorhatte, ziehe ich mich jetzt schnell um, packe die Kamera und dränge hinaus, raus aus dem Haus, ins Freie, wo ich wieder Luft bekomme. Ohne viel zu überlegen, marschiere ich zu den Feldern der Gärtnerei und dann weiter entlang der Beete in Richtung Weiher. Erst nach gut zehn Minuten zügigem Marschieren, als ich mich dem Waldrand nähere und die Vogelstimmen beginnen, alle anderen Geräusche zu übertönen, lässt meine Unruhe langsam nach. Ich atme aus, verlangsame mein Schritttempo und beruhige mich allmählich. Mit jedem Atemzug lasse ich einen Teil der Anspannung los, und die Natur beginnt mich zu tragen.


Begleitet vom Vogelgesang und umgeben von Bienen und Hummeln, die schon fleissig den Blütenstaub von den Weidekätzchen sammeln, spaziere ich weiter. Meine Wege sind die Streifen aus festgetretener Erde zwischen den langen Beeten, die schon für die Aussaat vorbereitet sind. Welche Blumen werden hier in einigen Monaten wohl wachsen?


Es ist noch früh am Morgen und am Weiher bin ich alleine. Ich setze mich ans Ufer, beobachte die sich kräuselnde Wasseroberfläche, schaue einem Schwarm kleiner Fische zu, lausche dem mannigfaltigen Vogelgesang und geniesse die wärmende Sonne. Die Stille ist jetzt wieder meine Freundin, die Einsamkeit eine Wohltat und die Welt fühlt sich wieder erfüllt und ganz an. Der Zauber, der mich umgibt, durchdringt auch mich.


Allmählich wird aus dem lauen Lüftchen eine kräftige Bise. Zeit für den Heimweg. Ich habe jetzt genug Kraft getankt, um diesem Tag ins Auge zu schauen.
Der Rückweg führt durch den Wald, wo ich mir Schutz vor dem Wind erhoffe, der innert Kürze an Stärke gewonnen hat. Da kommen mir auch schon die ersten Menschen entgegen - Wanderer, Jogger, Hundehalter, Reiter, Pfadfinder und Radfahrer beginnen den Sonntagmorgen zu bevölkern. Mir ist jetzt nicht nach Lächeln und freundlichem Grüssen zumute, deshalb nehme ich die versteckteren Trampelpfade durchs Dickicht. Doch selbst hier treffe ich auf Menschen. Mir fällt auf, wie sich die Dorfbevölkerung seit dem Bau der neuen Siedlungen verändert hat, sie ist jetzt urbaner geworden. Die neuen Bewohner nutzen auch den Wald so, wie sie es von den Städten her gewohnt sind.


Die Kälte erinnert mich daran, dass der Frühling eben erst begonnen hat und noch auf wackeligen Beinen steht. In einem Bogen wandere ich wieder zurück zur Gärtnerei, die an der Sonne liegt. Doch der Wind hat auch hier die Wärme vertrieben. Völlig durchfroren komme ich zu Hause an. Ich sehne mich nach einem heissen Bad. Eine Badewanne gibt es in dieser Wohnung aber leider nicht. Dafür aber einen schönen Holzofen, den ich jetzt anmache, auf dass mich sein Feuer wärmen möge.